Einschulung

Wow. Da kommt unser Sohn schon in die Schule. Ich glaube, da sind die Eltern oft aufgeregter, als das Kind selbst. Und ständig bemüht, es sich nicht anmerken zu lassen. Böse Blicke abfeuernd in Richtung der Großeltern, wenn sie mal wieder anfangen mit „Aber wenn du in die Schule kommst, dann musst du ja…. und dann fängt der Ernst des Lebens an… bla bla…“. Und dann ist der Tag endlich da. Der erste Schultag.

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Für uns begann er heute mit einem ökumenischen Einschulungsgottesdienst. In der Pfarrgemeinde, zu der wir auch gehören. Mit dem Pfarrer, der uns getraut und unsere Tochter getauft hat. Und uns heute menschlich sehr enttäuscht hat.

Die Kirche ist voll. 78 neue Erstklässler werden an dieser Schule eingeschult, sie sind heute mit Eltern, Großeltern und Paten zum Gottesdienst gekommen. Die Kinder sitzen vorn in den ersten Reihen. Eltern sind noch unsicher, ob sie die Schultüten selbst halten sollen? Den Kindern mitgeben? Die Kinder drehen sich um, wo sind meine Eltern? Kann ich sie noch sehen? Es wird geredet und getuschelt. Bei so vielen Menschen eine recht große Geräuschkulisse. Der Pfarrer kommt etwa fünf Minuten vor Beginn herein, stellt sich ans Rednerpult und bittet um Ruhe. Es wird weiter geredet. Er bittet erneut um Ruhe, allerdings in sehr unfreundlich, ungehaltenem Tonfall. Die ersten Eltern horchen auf und schütteln die Köpfe. Zugegeben, viel ruhiger wird es zunächst nicht. Der Pfarrer nimmt das Mikrofon, stellt sich vor den Altar und brüllt „Ruhe!!!“ hinein. Sinngemäß „Wissen Sie eigentlich, wo Sie hier sind? Das ist eine Kirche!“ Entsetzte Blicke. Jetzt unmutiges Gemurmel aus den Reihen. Und dann „Okay, der Gottestdienst findet nicht statt!“ und Abgang in die Sakristei. Puh. So etwas habe ich noch nicht erlebt.

Die ersten Eltern holen vorne ihre Kinder aus den Bänken und wollen gehen. Wütend, sprachlos. Ich versuche, nach vorn durchzudringen, denn mein Sohn weint. Gehe zu ihm, beruhige ihn, nehme ihn in den Arm.

Die Direktorin der Schule nimmt das Mikro. Versucht, zu beschwichtigen. Verspricht den Eltern, das Gespräch zu suchen, aber bittet sie, um der Kinder willen jetzt nicht zu gehen. Ihr gelingt es tatsächlich, die Gemüter wieder so weit zu beruhigen, dass sich alle wieder setzen. Mein Sohn möchte nicht mehr vorn sitzen. Ich soll bei ihm bleiben, er ist total eingeschüchtert (in einem Haus Gottes!). Ich verspreche ihm, vorn direkt neben der Bank stehen zu bleiben, wir halten immer wieder Blickkontakt.

Nun kommt der Pfarrer wieder herein, dieses Mal begleitet von seiner evangelischen Kollegin. Sie schafft es, die Stimmung etwas zu erhellen und ist in der Ansprache mit den Kindern sehr freundlich und kann zum Glück die allgemeine Laune wieder etwas anheben. Ein fahler Nachgeschmack bleibt. Der Pfarrer begrüßt die Anwesenden. „Liebe Kinder, schön, dass ihr gekommen seid….(…), liebe Eltern, schön, dass wir mit dem Gottesdienst dann auch endlich anfangen können!“. Unglaublich.

Erwartet hätte ich ein Wort der Entschuldigung, aber nein, er schafft es, nochmal einen draufzusetzen. Dieses Verhalten finde ich absolut unprofessionell und bin mit dieser Meinung, wie sich später in Gesprächen mit anderen Eltern herausstellt, auch nicht alleine.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es sinnvoller gewesen wäre, einfach anzufangen. Hätte die Glocke geläutet, oder die Orgel zu spielen begonnen, wäre es wahrscheinlich ganz von allein ruhig geworden. Wie kann jemand, der die Botschaft Gottes verkünden soll, sich menschlich einfach so daneben verhalten? In einem Gottesdienst die Kinder so einschüchtern? Und die sollen Freude daran haben, in dieser Kirche in zwei, drei Jahren zur Erstkommunion zu gehen? Sonntags die heilige Messe zu besuchen? Nein.

Wer mich kennt, der weiß, das ich nicht zu den Menschen gehöre, die immer nur zu Weihnachten in die Kirche gehen. Ich habe weit über 10 Jahre bei den Pfadfindern und in der Gemeinde Jugendarbeit gemacht, später im Pfarrgemeinderat mitgewirkt, war immer „mittendrin, statt nur dabei“. So ein Verhalten ist mir noch nie begegnet, zum Glück. Sonst hätte ich vermutlich aus Frust und Enttäuschung das Handtuch geworfen. Vielleicht sehe ich das alles auch nur so schwarz, weil ich mir den Tag einfach anders vorgestellt hatte? Weil es für Eltern einfach etwas ganz Besonderes ist, wenn das erste Kind in die Schule kommt.

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Nach dem Gottesdienst ging es in die Schule und dort wurden wir dermaßen liebevoll und freundlich empfangen, begleitet von strahlendem Sonnenschein, dass es doch noch ein richtig schöner Tag wurde, Gott sei Dank!

 

Die Kinder aus den höheren Klassen hatten Lieder, Tänze und ein kleines Theaterstück einstudiert, die unter freiem Himmel auf dem Schulhof vorgeführt wurden. Dann wurde jedes einzelne Kind von seinem Paten aus dem dritten Schuljahr in den Klassenraum begleitet. Vielen Dank für diesen herzlichen Empfang! Für die Erwachsenen gab es in der Zwischenzeit Kaffee und Kuchen und nach einer Schulstunde durften wir die stolzen Erstklässler dann schon wieder mitnehmen. Wir haben noch einen Abstecher zum fast gegenüberliegenden Kindergarten gemacht und wurden auch dort mit großem Hallo begrüßt und beglückwünscht. Hach!

Später haben wir dann mit der Familie zu Hause noch ein Bisschen gefeiert. Der Sohn durfte endlich seine Schultüte auspacken, wir haben Mittagessen gemacht und einfach eine schöne Zeit miteinander gehabt.

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Und jetzt wünschen wir uns einen guten Start in die Schulzeit und sind ganz gespannt darauf, wie es weitergeht! (O-Ton heute mittag: „Mama, heute haben wir aber noch gar nichts gelernt…!“ 😉

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